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Steuerschulden für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar
Von der Finanzverwaltung wurde bislang die Ansicht vertreten, dass bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer nur solche Schulden als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden können, die zum Todeszeitpunkt bereits entstanden waren. Die Einkommensteuerschuld des Erblassers für das Todesjahr konnte somit nicht steuermindernd abgezogen werden, da sie erst mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraumes (grundsätzlich also zum 31.12. eines Kalenderjahres) entsteht. Dieser Sichtweise hat der Bundesfinanzhof unter Änderung seiner Rechtsprechung jedoch aktuell widersprochen.
Im Streitfall war die Klägerin neben ihrer Schwester Miterbin ihrer Eltern geworden. Die Eltern waren beide kurz nacheinander im Kalenderjahr 2004 verstorben. Für den Einkommensteuer-Veranlagungszeitraum 2004 waren von den Erbinnen als Gesamtrechtsnachfolger ihrer Eltern erhebliche Nachzahlungen zu entrichten.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs müssen die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein. Für den Abzug der Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist es vielmehr entscheidend, dass der Erblasser in eigener Person - und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger - steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb „für den Erblasser“ als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.
Aufteilungsmaßstab
Das Urteil hat weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus praktische Bedeutung. Stirbt einer der Ehegatten und ergibt sich infolge der Zusammenveranlagung für das Todesjahr eine Abschlusszahlung, ist die vom verstorbenen Ehegatten als Erblasser herrührende Einkommensteuerschuld nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei einer getrennten Veranlagung ergeben würden (BFH-Urteil vom 4.7.2012, Az. II R 15/11).
Praxisgebühren nicht als Sonderausgaben abziehbar
Praxisgebühren sind nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht als Sonderausgaben absetzbar.
Steuerpflichtige können Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehen. Darunter fallen jedoch nur solche Ausgaben, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen, also letztlich der Vorsorge dienen.
Bei der Praxisgebühr ist dies nicht der Fall, da der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig von der Zahlung der Praxisgebühr gewährt wird. Sie stellt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs vielmehr eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten an ihren Krankheitskosten dar.
Hinweis: Ob Praxisgebühren als außergewöhnliche Belastung in Form von Krankheitskosten geltend gemacht werden können, konnte der Bundesfinanzhof offenlassen, weil die Zahlungen im Streitfall die zumutbare Belastung nicht überstiegen (BFH-Urteil vom 18.7.2012, Az. X R 41/11).
Vermieter
Schuldzinsenabzug auch nach Verkauf der Mietimmobilie zulässig
Schuldzinsen können grundsätzlich als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn das Gebäude veräußert wird, der Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen zu tilgen. So lässt sich ein steuerzahlerfreundliches Urteil des Bundesfinanzhofs auf den Punkt bringen.
Im entschiedenen Fall hatte ein Steuerpflichtiger 1994 ein Wohngebäude erworben, dieses vermietet und hieraus Einkünfte erzielt. Im Jahr 2001 veräußerte er die Mietimmobilie mit Verlust. Mit dem Veräußerungserlös konnten die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht vollständig abgelöst werden, sodass der Steuerpflichtige auch noch nach dem Verkauf Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden musste.
Das Finanzamt erkannte die in der Einkommensteuererklärung für 2004 geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an - zu Unrecht wie der Bundesfinanzhof unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschied.
Der Bundesfinanzhof begründet seine neue Sichtweise u.a. mit einer Änderung des Einkommensteuergesetzes, wodurch der Zugriff der Finanzämter auf private Verkaufsgeschäfte bei Grundstücken ausgedehnt wurde. Wurden vor 1999 nur Verkäufe innerhalb von zwei Jahren nach der Anschaffung erfasst, sind es nun zehn Jahre. Diese Ausweitung des steuerrechtlich erheblichen Vermögensbereichs nahm der Bundesfinanzhof nun u.a. zum Anlass, nachträgliche Schuldzinsen zum Abzug zuzulassen.
Hinweis: Bereits im Jahr 2010 hatte der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zu wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften geändert und entschieden, dass Schuldzinsen nach dem Verkauf von GmbH-Anteilen nachträgliche Werbungskosten darstellen, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Kredittilgung ausreicht (BFH-Urteil vom 20.6.2012, Az. IX R 67/10; BFH-Urteil vom 16.3.2010, Az. VIII R 20/08).
Aufwendungen für Modernisierungen: Sofortabzug oder nur Abschreibung?
Übliche Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen sind im Rahmen der Vermietung und Verpachtung grundsätzlich sofort als Werbungskosten abzugsfähig. Führen Maßnahmen aber zu einem wesentlich verbesserten Gebrauchswert des Hauses, handelt es sich um Herstellungskosten. Die negative Folge: Die Aufwendungen können nur über die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt als Abschreibungen geltend gemacht werden. In einem aktuellen Urteil betont das Finanzgericht Köln, dass bei dem Vergleich des ursprünglichen Zustands mit dem neuen Zustand auf den Zeitpunkt des Erwerbs des Gebäudes und nicht auf das Baujahr abzustellen ist.
Bei dem Vergleich ist zunächst zu ermitteln, welchem Standard die Kernbereiche (Heizung, Sanitär, Elektro und Fenster) des Hauses im ursprünglichen Zustand entsprachen. Bei der vorzunehmenden Eingruppierung wird zwischen sehr einfach, mittel und sehr anspruchsvoll unterschieden.
Führen die Baumaßnahmen bei mindestens drei der vier zentralen Ausstattungsmerkmale zu einem Standardsprung, handelt es sich grundsätzlich um Herstellungskosten.
Beispiel
Bei Kastenfenstern aus Holz, Fensterbänken (innen) aus Holz, Fensterbänken (außen) aus Kunststein und fehlender Isolierung handelt es sich im Streitjahr 2002 um einfachsten Standard. Erfolgt der Einbau von Kunststofffenstern mit ISO-Verglasung, führt dies zu einem Standardsprung.
Anschaffungsnahe Herstellungskosten
Seit 2004 gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen - ohne Umsatzsteuer - 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.
Hinweis: Diese gesetzliche Regelung ist erst auf solche Baumaßnahmen anzuwenden, mit denen nach 2003 begonnen wird (FG Köln, Urteil vom 26.1.2012, Az. 10 K 235/10).